Natürlich ist es immer am schänsten, selbst “dabei” gewesen zu sein. Doch für die Vorfreude gibt es jede Menge Erlebnisberichte. Hier einen von Volker Machalett über eine Reise nach Polen:

Gdansk - ein besonderes Erlebnis

Ein Polentörn mit der „BV 2 –Vegesack“

Wir waren zu Elft :Skipper, Steuermann und Maschinist als langjährige und bewährte Mitglieder der Stammcrew sowie die „Rostocker 7 + 1“, ein Freundeskreis aus Vegesack. Am 13. Juli trafen wir nachmittags im Stralsunder Stadthafen ein, wo die BV 2-Vegesack frisch gewaschen und poliert schon unserer harrte. Blitzschnell wurden Proviant und Ausrüstung verstaut und die Kojen bezogen. Nach kurzer Einweisung und Einteilung in 2 Wachen ging´s dann los, um noch rechtzeitig die Ziegelraben-Brücke zu passieren. Ein Zwischenstop im Südhafen war noch vonnöten; hier wurde ein wichtiges und dringend benötigtes Ersatzteil (Druckminderer Zapfanlage) an Bord genommen.
Unter Segeln zogen wir dann den Strelasund und den Greifswalder Bodden ostwärts. Ein gewisses, verdammt gutes Urlaubsgefühl stellte sich ein. Spannend wurde es beim Passieren des Landtiefs, die unbeleuchteten Fahrwassertonnen übten magische Anziehungskraft auf die „Vegesack“ aus und einmal musste der Motor zur Hilfe genommen werden, um sie freizufahren. Den Nordausgang des Boddens hatten wir gewählt, um in einem langen, schönen Schlag nach Nexö/Bornholm zu kommen. Daraus wurde jedoch nichts. Der Wind hatte seine Richtung geändert und nach langwierigem Aufsteuern mit immer geringerer Fahrt wurde im Zuge demokratischer Navigation beschlossen, doch direkt nach Kolberg (Kolobrzeg) zu laufen. Das ging besser und am 14.Juli abends liefen wir dort ein. Die Barkasse des Hafenkapitäns lotste uns zu dem einzigen, noch freien Liegeplatz. Hier wurde später auch einklariert, Mannschaftsliste und Reisepässe wurden benötigt. Überall herrschte Jahrmarktsstimmung, aber damit muss man in den polnischen Sommerferien auch wohl rechnen. Zu Wikingerbooten umgebaute Fischkutter und ähnlich abenteuerliche Fahrzeuge fuhren zwischen dem Flachwasser und der Stadtpier hin und her und am Strand und am historischen Leuchtturm herrschte buntes Treiben. Am alten Fort gab es musikalische Darbietungen. Die Spuren jüngerer Geschichte sind noch deutlich zu bemerken. Als Festung wurde Kolberg 1945 zu neunzig Prozent zerstört und obwohl das Rathaus und die Kollegietskirche, sowie die Innenstadt wiederaufgebaut wurden, gibt es noch überall und vor Allem zur Küste hin grosse Lücken. Trutzig und standhaft wirkt der Leuchtturm, ein Denkmal.

Nächster Hafen unserer Reise war Darlowo (Rügenwalde) . Hier mussten wir erst die stündlich öffnende Rollbrücke passieren, um zum Liegeplatz zu gelangen. Im Ort wogten die Menschenmassen ; ein Ausblick auf die (knappe) Sommermode war erlaubt und überall gab es Musik, Getränke und gut zu essen. Der Bootsmann des Hafens versorgte uns am nächsten Morgen mit Frischwasser direkt vom Hafenamt. Dies musste schon vor Schichtwechsel, also um 6 Uhr geschehen, da es eigentlich nicht erlaubt war. Unseren Dank in Form einer Flasche Vegesacker Matjesschluck nahm der Meister gern entgegen und wir konnten beruhigt unsere Reise fortsetzen.

Problemlos gelangten wir von Darlowo nach Ustka (Stolpemünde). Auch hier das gewohnte sommerliche Bild, allerdings noch mit einer Steigerung: am Marktplatz liegend mussten wir ständig als Kulisse für Ferienfotos herhalten. Das trug zur Völkerverständigung bei und gab auch Kindern Gelegenheit, unser schönes Schiff zu besichtigen. Der Trubel an der Strandpromenade erinnerte an deutsche Seebäder mit einem kleinen, jedoch nicht unwesentlichen Unterschied: Speisen und Getränke kosteten kaum die Hälfte. Bier und Fischgerichte waren sehr gut und der schmackhafte Dorsch wurde nach Gewicht abgerechnet. Der nächste Morgen sah uns im Turm beim Hafenkapitän mit sorgenvollen Blicken auf die gischtumtosten Molenköpfe schauen, es hatte sich allerhand Seegang aufgebaut.

Wir mussten trotzdem weiter, zumal auch der Wetterbericht nichts Vernünftiges hergab. Nach dem Auslaufen war es unangenehm, bis wir Wind und See von achtern und Segel gesetzt hatten. Ab ging die Post! Beeindruckend die von achtern anlaufenden Wellenberge, bis dann unsere Lady das Hinterteil anhob und die Seen harmlos unter dem Schiff hindurch liefen. Natürlich war sehr genaues Steuern angesagt. Fehler sind unter diesen Umständen schwer zu korrigieren.

Abends erreichten wir Wladyslawowo(Grossendorf), einen grossen Fischereihafen, von dem es nicht viel zu berichten gibt. Allerdings hatten wir vom hohen Turm des Rathauses , den zu erklimmen wir uns nicht scheuten, einen guten Überblick über Hafen und Küste, einfach Klasse. Am Mittag des folgenden Tages verholten wir nach Hel(Hela), wo wir dann abends ankamen. Hela, welches 1945 stark umkämpft war, ist jetzt wieder ein Fischernest, touristisch erschlossen. Leider bekamen wir ausser der Kirche von den kaschubischen Ursprüngen nicht viel zu sehen. Die kaschubischen, reetgedeckten Fischerhütten hatten ihr Gesicht stark verändert. Schön sind die langen, breiten Strände der Halbinsel.

Am schönen Sopot (Zoppot) vorbei war es nur ein Katzensprung nach Gdansk (Danzig) . Gleich nach Passieren der Grenzschutzstelle an der Einfahrt zur Weichsel verblüfften uns schwarz vermummte Gestalten in dunklen Gummibooten, die jedoch nichts von uns wollten (wie eine Nachfrage ergab) .Dann wurde die Westerplatte passiert, mit deren Beschiessung der 2. Weltkrieg ausgelöst wurde. Ein monumentales Denkmal erinnert an die tapferen Männer, die dort bis zur bitteren Aufgabe kämpften. Nach endlos erscheinender, weil verwirrender Revierfahrt erreichten wir die Altstadt Danzig. Nach einigem Hin und Her und Verholen mit Hilfe des Hafenmeisterbootes fanden wir in der neuen Marina (von 1997) an einem 20 Meter langen Steg gerade noch Platz.

Wir lagen direkt gegenüber vom Krantor und dem Meermuseum. Von hier aus war es natürlich nicht weit zum Langen Markt (Dlugi Targ) mit seinen vorbildlich restaurierten Gebäuden und dem Neptunbrunnen. Die gewaltige, mittelalterliche Marienkirche (105 Meter lang, 66 Meter breit) mit dem 78 Meter hohen Hauptturm fanden wir sehr beeindruckend. Nicht weit ist es zum grossen Zeughaus mit seiner reich verzierten, bekrönten Fassade, die den eigentlichen Zweck des Geäudes kaum erahnen lässt. Jetzt befindet sich im Erdgeschoss eine Einkaufspassage. Das mächtige Brotbänketor führt zum Ufer der Mottlau, dem Anleger der Ausflugsschiffe.

Obwohl wir in Danzig 2 Tage Zeit hatten und fleissig unterwegs waren, konnten wir nicht alles Sehenswerte sehen, doch haben uns die Atmosphäre des Stadt und die Menschen dort sehr gefallen. Zwar kam uns ein Handy abhanden, doch sonst war Alles überaus positiv. Am 22. Juli mittags stiegen wir in unseren Reisebus und waren dann kurz nach Mitternacht wieder in Bremen. Polen ist eine Reise wert.

Volker Machalett