2004 - Die Vegesack BV2 in Brest und Douarnenez

Einer der Höhepunkte des diesjährigen Törnplans der BV2 war sicherlich die Teilnahme an den Maritimen Festivals in Brest und in Douarnenez.
Der Törnplan sah für Hin- und Rückreise und die Festivalteilnahme eine Dauer von 36 Tagen vor.
Zwei verschiedene Crews erlebten die Reise.
 
Vom ersten Teil der Reise berichtet unser Skipper Tham Körner.
 
Seit vielen Jahren findet in Brest alle vier Jahre ein schon fast legendäres Festival für traditionelle Segelschiffe statt. Schon bald nachdem der MTV die Vegesack BV 2 erworben hatte, kam die Idee auf, dort teilzunehmen, aber 1992 waren unsere Erfahrungen mit dem Schiff für so eine Reise noch zu gering, und nach einer heißen Diskussion innerhalb der Stammcrew wurden die schon vorhandenen detaillierten Pläne ad acta gelegt. In späteren Jahren passten die Termine nicht.
Da aber unsere Freunde in der Gaffelszene so sehr davon schwärmten, wurde das Jahr 2004 weit im voraus ins Auge gefasst. Durch unsere Besuche in Paimpol waren wir in der Adressenliste der Veranstalter und als im Sommer 2003 die Einladung kam, begannen die Planungen.
Der Termin lag genau zwischen der Kieler Woche und der Hanse Sail in Rostock, damit waren Hin- und Rückreise in ein festes Zeitfenster gebunden.
 
 
Am 28.06. wollten wir nachmittags in Cuxhaven an Bord gehen. Wir, das waren 14 Leute, mit einer Ausnahme alles Mitglieder des MTV. In der Vorbesprechung war auf das Wetterrisiko hingewiesen worden, außerdem standen nur gut 10 Tage für die 600 sm Anreise nach Brest  zur Verfügung.
In Cuxhaven angekommen, erwartete uns ein kleiner Vorgeschmack auf die Reise, denn es wehte ein kräftiger Westwind und die Vegesack kämpfte sich noch von Brunsbüttel elbabwärts . Aber irgendwann war die BV2 da, wir richteten uns ein und teilten die Wachen ein. Wir waren gut besetzt, eigentlich 3 Kapitäne und ein Steuermann/frau.
Am nächsten Tag hatte sich das Wetter etwas beruhigt und wir liefen um 11:00 aus Cuxhaven aus. In der Außenelbe war es zwar ziemlich hackig, aber wir kamen voran. Wir mussten uns entscheiden, entweder direkt nach Westen gegenan zu motoren, oder erst noch nach Helgoland zum Bunkern zu gehen. Die Bunkertanks waren noch etwa halb voll, aber wir mussten ja damit rechnen, viel unter Motor zu fahren, deshalb gingen wir nach Helgoland, wo wir am frühen Abend fest waren.
 
Wegen Tide und Öffnungszeiten der Bunkerstation konnten wir erst am Mittwochmorgen um 07:00 tanken, sind dann aber sofort losgefahren. Wind aus SW, der irgendwann mal auf West drehen sollte. Um erst einmal Westlänge gutzumachen, liefen wir unter Segeln und Motor hoch am Wind nach WNW. In etwa fuhren wir den Weg für tiefgehende Schiffe nach Westen. Die vorhergesagte Winddrehung kam am nächsten Tag morgens um 04:00, da standen wir über 60 sm nördlich von Terschelling. Wir machten eine Wende und konnten danach unter Segel und Motor etwa SSW-lichen Kurs anliegen. Abends um 18:00 standen wir 30 sm WNW von Texel und der Wind drehte wieder nach SW, erneute Wende und neuer Kurs WNW. Aber schon morgens um 03:30 drehte der Wind zurück und wir machten die nächste Wende und steuerten wieder nach Süden, jedoch nur bis 10:30 um dann schon wieder zu wenden. Da der Wind nachgelassen hatte, nahmen wir die Segel weg und liefen unter Motor auf die englische Ostküste bei Lowestoft zu, um bei dem vorhergesagten SW-Wind später unter Landschutz nach Süden zu laufen. Am Samstag morgen um 03:00 standen wir vor Harwich, der Wind war eher Süd als Südwest und mit dem einsetzenden Gegenstrom machten wir 2 Knoten über den Achtersteven. Da waren wir es leid und drehten um und liefen zurück nach Lowestoft, wo wir um 07:00 fest waren.
 
So ein entspannter Hafentag nach 3 Tagen Herumgekreuze auf der südlichen Nordsee tat gut. Und unsere jungen Leute versuchten das Lowestoft Saturday Night Fever. Am Sonntag morgen schien der Wind wieder abgeflaut und etwas zurückgedreht zu haben, und nach Vorhersage sollte er richtig auf West zurückdrehen. Wir liefen um 08:00 aus, setzten vor Lowestoft frohen Mutes die Segel. Anfangs konnten wir gut südlich halten, aber der Wind drehte langsam nach Süd anstatt nach West, so dass wir immer weiter Kurs nach Ost ändern mussten, außerdem nahm der Wind stetig zu. Ein Kümo wich uns erst aus, nachdem wir ihn angefunkt hatten. Nachmittags um 15:30 waren wir so weit in den Osten geraten, dass wir mal wieder eine Wende machten, frustrierend: nach der Wende hatte wir Lowestoft fast wieder voraus. Deshalb bargen wir um 20:00 die Segel und liefen unter Maschine nach Süden.
 
 
Die weißen Kreidefelsen von Dover passierten wir am Montag gegen 08:00, sie leuchteten eindrucksvoll in der Morgensonne. Nachmittags ankerten wir ein paar Stunden vor Hastings um den Gegenstrom abzuwarten. Als abends der Strom wieder westwärts lief, hievten wir unseren Anker und liefen unter Maschine weiter. Am nächsten Tag standen wir um 14:00 südlich der Isle of Wight und waren das Maschinengeräusch leid. Bei wenig Wind versuchten wir zu segeln, selbst das Besanstagsegel wurde zum Auslüften gesetzt. Aber um bei Cap de La Hague nicht in den Gegenstrom zu geraten, machten wir schon nach 2 Stunden die Maschine wieder an.
Cap de La Hague, mit der berühmt-berüchtigten Atomaufbereitungsanlage, umrundeten wir am Dienstag den 06.07.04 abends um 20:00. Dann konnten wir endlich mal richtig segeln. Unter Vollzeug liefen wir  östlich von den Kanalinseln nach St. Malo, wo wir uns vor dem vorhergesagten Schlechtwetter verstecken wollten. Morgens um 07:00 standen wir dann vor St. Malo, Wetterleuchten über dem Land und Regenwolken im Radar kündigten die Wetteränderung an. Wir hatte gerade unsere Segel geborgen, als wir im Dauerregen nach St. Malo liefen. Nach 2 Stunden Wartezeit im Regen vor der Schleuse ging es endlich in den Hafen, wo wir um 10:15 fest waren.
 
Das Barometer war um 20 HP gefallen und über uns hatte sich ein hartnäckiges Tief gebildet, das nur langsam nach Nordosten abzog. Wir nutzten die Zeit für Landgänge und Einkäufe. St. Malo ist sehenswert. Und abends in der Kneipe schmeckte der Pastis. Am zweiten Abend gab es ein Gejohle, als auffiel, dass Hartmut Meyer das Sweatshirt von Heinz Hohorst an hatte. Danach hieß er nur noch Heinz Meyer.
Erst am übernächsten Tag hatte sich das Wetter soweit beruhigt, dass wir nachmittags um 14:15 ausliefen. Der Wind kam allerdings aus WSW, d.h. für Brest genau von vorne. Da der Wind aber irgendwann zurückdrehen sollte, liefen wir unter Segeln und Motor quer über den Englischen Kanal in Richtung von Falmouth. Am 10.07. standen wir abends um 19:00 unter der südenglischen Küste, als die Winddrehung kam und wir nach einer Wende endlich mal wieder segeln konnten und Brest lag voraus. Es wurde wieder ein schöner Segelschlag, leider wieder nachts.
Am 11.07. morgens standen wir dann nördlich der Insel Ouessant, die wir an Steuerbord ließen. Die vielen Untiefen und Strömungen erforderten genaue Navigation. Als wir mittags auf Ostkurs gingen um in die Bucht von Brest einzulaufen, fing es an in Strömen zu regnen, deshalb nahmen wir die Segel weg und liefen unter Motor weiter.
 
Nachdem wir einige Zeit vor dem Hafen herumgetrieben waren, hieß es, wir sollten uns im River Penfield einen Platz suchen. In diesem Flussarm unter dem alten Fort, das sonst militärisches Sperrgebiet ist, lagen englische Replikas wie Endevour, Grand Turk und Matthew, die niemanden längsseits haben wollten und dies durch quergebrasste Rahen und außenbords angekettete Schlauchboote deutlich machten. Zusammen mit der französischen Freya, uns vom letzten Paimpol Besuch und einer Wasserschlacht bekannt, machten wir Sonntagabend um 18:40 an der Kieler Hansekogge fest, die eigentlich nicht zum Längsseitsgehen geeignet ist. Wir fühlten uns von der Organisation etwas stiefmütterlich behandelt, lagen unsere Freunde doch im Handelshafen, wo wir eigentlich auch liegen sollten. Später verholten wir längsseits der Georg Stage - obwohl sie hart angebrasst hatte, lagen wir mit unseren Masten zwischen ihren Rahen.
Die Crew entspannte sich die nächsten Tage erst einmal. Es bestand kaum Lust, in der Bucht von Brest zu segeln, außerdem war das Wetter grau in grau. Gleichzeitig versuchten wir Bunker zu bekommen. Alles was die Organisation dazu beitrug, war eine Telefonnummer, bei der immer nur der Anrufbeantworter lief. Erst am Donnerstagmorgen vermittelte der Kommandant einer französischen Marinefregatte, dass wir mittags bei der örtlichen Fischereikooperative Diesel bunkern konnten. 
Da das Wetter gut war, machten wir nach dem Bunkern einen Segelschlag in der Bucht von Brest. Die beiden Wasserbombenschleudern (genannt Turm Anton und Bertha), die Rolf Baumgarten uns leihweise mitgegeben hatte, schossen sich auf alles ein, was uns zu nahe kam, Klaus Hilmer hatte uns freundlicherweise 500 Luftballons mit dem Aufdruck „Scheffel“ zur Verfügung gestellt. Diese Ballons, halb mit Wasser gefüllt, waren unsere Wasserbomben. Die Reichweite der Geschosse war beeindruckend.
Segelbergen hatten wir auf der Hinreise genügend geübt, also segelten wir zum Abschluss unter Vollzeug in den River Penfield, so dass die Zuschauer am Fort Beifall klatschten. Dann ein Aufschießen, auf Kommando kamen Vorsegel und Großtopsegel von oben und danach die Gaffelsegel. Ein Manöver ganz nach dem Geschmack des Skippers. Einige von der Ablösecrew, die inzwischen in Brest eingetroffen war, konnten das Manöver beobachten. Dank der Französischkenntnisse unserer Lufthansastewardess Ariane durfte der Bus mit unseren Ablösern und ihrem Proviant am Freitagmorgen auf das Festivalgelände. Er war pünktlich um 07:00 an der Pier und wir schleppten den Proviant über 3 Schiffe an Bord und unser Gepäck an Land in den Bus. Um 08:00 hatten wir alles einigermaßen verstaut. Wir wollten ja die Grand Regatta von Brest nach Douarnenez zusammen mit  unserer Ablösung fahren, 28 Personen an Bord.
 
Wir legten um 08:15 ab, der Start für die Grand Regatta, die eigentlich mehr eine Geschwaderfahrt ist, sollte um 09:00 sein. Vor dem Hafen von Brest versammelten sich Hunderte von Segelschiffen, die sich langsam in Richtung Douarnenez in Bewegung setzten, mangels Wind unter Motor mit mehr oder weniger gesetzten Segeln. Unsere Geschütztürme Anton und Bertha nahmen alles ins Visier, was sich in ihre Reichweite wagte. Neben den männlichen Schützen engagierten sich zunehmend verbissen unsere Amazonen Ariane und Meike als Richtkanoniere.
Etwa auf halben Weg von Brest nach Douarnenez liegen in der Verlängerung eines Landvorsprung die „Les Tais de Pois“ Inseln. Mit Ausnahme der größeren Rahsegler steuerten fast alle Schiffe die Passage zwischen den Inseln an, die maximal zwei Schiffe der Größe der Vegesack gleichzeitig passieren können, so dass es zu einem kleinen Stau auf dem Wasser kam. Nach der Enge verstreute sich die Armada etwas. Trotzdem wurde alles, was uns zu nahe kam, von den Flintenweibern mit den Wasserbomben so lange unter Beschuss genommen, bis unsere Munition endlich zur Neige ging.
 
 
Um 16:00 liefen wir in Douarnenez ein, nach vielem Hin und Her waren wir 17:10 fest an einem Bojenfeld. Danach übernahm die Nachfolgecrew mit Peter Zahalka das Schiff und wir setzten mit dem Dinghy und unserem letzten Gepäck an Land. Dort wartete schon der Bus, um uns in unser Hotel zu bringen.
Am nächsten Tag, im Bus nach Bremen, wurde ein erstes Resümee gezogen. Der direkte Weg von Cuxhaven nach Brest beträgt etwa 600 Seemeilen, wir haben mit unseren Kreuzschlägen 1100 sm gebraucht, bis Douarnenez waren es exakt 1127 Seemeilen.
Mit Ausnahme des Zwischenstopps in St. Malo hatten wir fast keinen Regen oder Sturm. Nur der Wind kam meist von vorne, zum Glück selten zu stark, so konnten wir uns mit Segeln und Maschine nach Westen mogeln. Für die Crew war das Durchsegeln jeweils mehrerer Nächte mit festem Wachplan eine neue Erfahrung.
 
 
Vom zweiten Teil der Reise berichtet Peter von Daak
 
Crew Nr. 2 fuhr im Bus nach Brest, um nach dem gemeinsamen Erlebnis der Geschwaderfahrt nach Douarnenez die BV2 Vegesack am 16.7. abends zu übernehmen.
Bereits in der Vorbesprechung hatte unser Skipper Peter Zahalka ausgedrückt, was viele von uns dachten: einen schönen Törn ohne Stress, hoffentlich mit dem richtigen Wind und viele schöne Häfen und Orte sehen. Das hieß zwar häufige Nachtfahrten, aber auch hohen Erlebniswert.
 
 
Nachdem wir am 14.7. unseren Reisebus beladen und die letzten Crewmitglieder in Bremen eingesammelt hatten, insgesamt waren wir 14, ging es über Antwerpen und Brügge an der französischen Küste entlang bis nach Brest. Nach 20 Stunden und 1400 zurückgelegten Kilometern lag das riesige Festgelände rund um die Hafenanlage in Brest vor uns. Obwohl der Crewwechsel erst für den nächsten Tag vorgesehen war, wollten wir uns den Festivalrummel und das gepflegte Bier an Bord der Vegesack nicht entgehen lassen. Während wir auf der Suche nach dem Liegeplatz  der BV2 waren, zog unser Logger in einiger Entfernung mit vollen Segeln an uns vorbei. Es war ein faszinierender Anblick, wie das Schiff mit achterlichem Wind in die enge Flussmündung unterhalb des Forts einfuhr. Das Bier schmeckte nach dem Anlegen sowohl den Seeleuten wie auch den Sehleuten.
Für die folgende Nacht ging Crew Nr. 2 in ein Hotel, um am nächsten Tag gemeinsam mit Crew 1 an der Paradefahrt teilzunehmen. Der von Thamm bereits erwähnte, spektakuläre Höhepunkt der Tagesfahrt durch die Passage, nahe des Point de Pen Hir, sei hier noch einmal erwähnt.
Nach der Verabschiedung der ersten Crew und nach dem Klarieren der Vegesack, sondierten wir die Gegend um unseren Liegeplatz.
Douarnenez lebte in der Vergangenheit gleichermaßen vom Handel wie vom Sardinenfang. Segeltuch und Leinen aus der Bretagne wurde von hier nach Holland und England verschifft. Heute ist die Stadt wichtiger Umschlagplatz für Fischereischiffe, die ihre Fanggründe vor Irland und Afrika haben.
„La Fete Marimes“, das Hafenfest-Spektakel, wird alle zwei Jahre veranstaltet, kann sich an Größe und Umfang allerdings nicht mit Brest messen. Nur am Rande sei erwähnt, dass beide Städte den Zuschauern Eintritt abverlangen: Tageskarte in Brest 12.- €, Douarnenez nimmt den Sehleuten sogar 30.- € ab).
Der nächste Tag weckte uns mit den Klängen typisch bretonischer Musikinstrumente: Schalmei und Dudelsack. Nach dem Frühstück wurde emsig mit der „Gummisau“ übergesetzt. Der historische Hafen und die Stadt wurden erkundet. Überall spielten Bands und Gruppen traditionelle und auch moderne Musik. Das bunte Treiben um den Hafen und viele Buden und Stände erfüllten auch alle „leiblichen“ Gelüste.
Nachdem wir am folgenden Tag auch die Gegend um den Kai von Port Rhu erkundet hatten, zog es uns wieder aufs Meer. Schnell noch gebunkert und günstig jede Menge Fisch direkt vom Fischerboot gekauft, machten wir uns um 18:30 unter Klüver, Fock und Besan auf unseren Weg nach Morlaix, das wir nach ca. 20 Std. erreichen wollten.
 
Bereits auf unserer Anreise mit dem Bus hatten wir in Morlaix einen Liegeplatz gebucht, Schleusenzeiten eruiert und die Gelegenheit wahrgenommen, das anspruchsvolle Fahrwasser zu inspizieren.
Morlaix liegt ca. 5 sm landeinwärts am Zusammenfluss der kleinen Flüsschen
Jarlot und Queffleut. Der Zugang zum Meer hat einen Tidenhub von mehr als 5 m und fällt während der Ebbezeit trocken.
Wahrlich ein Abenteuer und für die Vegesack nur zu Hochwasserzeiten zu bewältigen.
Die Einfahrt nach Morlaix wird  durch das Inselfort Chateau de Taureau gesichert, das 1543 nach Plünderzügen englischer Schiffe errichtet wurde.
Nach kurzem Mooring tasteten wir uns eine Stunde vor Hochwasser in Schlangenlinien durch die gewundene und rechts und links von Schiffen und Booten eingeengte Fahrrinne. Aus den Häusern  am Fluss wurden wir winkend begrüßt und sämtliche Autofahrer auf den beiden Uferstraßen startete Hupkonzerte ob unseres imponierenden Anblicks.
Das Einlaufbier nach der Schleusung um 21:00 hatten sich die reichlich an Bord vorhanden Kapitäne und Steuerleute redlich verdient.
Den folgenden Tag nutzten wir für die Erkundung des Ortes, dessen Stadtbild schon seit 1864 von einem 58 m hohen und 292 langen Eisenbahnviadukt bestimmt wird. Morlaix ist heute ein Zentrum der Tabakwarenproduktion in Frankreich.
Um 19:00 wurde in die Schleuse verholt und anschließend schlängelte sich die Vegesack wieder ins offene Meer.  Hupkonzerte und winkende Menschen am Ufer verabschiedeten uns. Nach kurzer Revierfahrt brachten uns ein 70 ° Kurs und unsere Vor- und Besansegel auf den Weg nach St. Peter Port auf Guernsey.
 
Nach 15 Stunden lagen die imposanten Steilküsten und Strände vor uns. St. Peter Port, mit seinem an den steilen Felsen gebauten Stadtkern rund um die Town Church, lud uns zum Stadtbummel ein. Da wir im Hafen keinen Liegeplatz erhielten ankerten wir unterhalb der aus normannischer Zeit stammenden Trutzburg Castle Cornet in der Havelet Bay.
Einlaufbier und das Warten auf das traditionelle „Firing of the Gun“ (12:00) beschäftigten die Crew, bevor unser Dhingy seine Fährdienste zur Insel aufnahm.
Die „12 o‘clock gun“ erinnert an den Gouverneur Peter Osborne, der sich von 1651 an acht Jahre auf Castle Cornet verschanzte, nachdem die Stadt sich dem republikanischen Cromwell angeschlossen hatte. Um seinen Widerstand zu dokumentieren, feuerte er in diesen Jahren insgesamt 10.000 Kanoneschüsse auf die Stadt ab.
Natürlich gehörte zu unserem Stadtrundgang auch ein Besuch eines traditionellen Pubs.
Beschwingten Fußes war die Mannschaft gegen 21:00 wieder an Bord. Ein gemeinschaftlicher Schlummertrunk beendete den schönen Tag.
 
Hatten wir in den Vortagen nur mäßigen Wind gehabt, bescherte uns der neue Tag, der uns nach Portsmouth bringen sollte, gar keinen Wind. Also lichteten wir Anker und liefen gegen 09:00 unter Maschine und mit kräftig unterstützenden Strömung in Richtung englisches Festland aus.
Am nächsten Morgen (3.7) erlebte die „4-8“ Wache nicht nur zum wiederholten Male einen feuerroten Sonnenaufgang, sondern konnte heute auch noch die langsam vorbeiziehende Isle of Wight genießen. Der Spithead begrüßte uns mit feinstem Sonnenschein und die beiden im Wasser stehenden Forts wiesen uns den Weg in den Hafen. Dies allerdings erst 3 Stunden später; wir waren so früh angekommen, dass der Hafenmeister uns noch keinen Platz zuordnen konnte. Dafür erhielten wir nach diversen „Kringeln“ unseren Liegeplatz direkt in der Cavern, einem der ältesten Hafenteile von Portsmouth. In direkter Nähe zu unserem Liegeplatz fanden sich Fischhändler, alte traditionelle Bootsbaubetriebe und der alte Stadtkern von Portsmouth mit seinen Festungsanlagen, Häusern aus dem 18. Jahrhundert und vielen Pubs.
Nachmittags gingen wir einzeln oder auch in Gruppen auf Stadtexkursionen.
Die nahe gelegene Gun Wharf, mit ihren unzähligen Factory Outlets aller
namhaften Hersteller, lockte genauso wie die historischen Shipyards der Royal Navy. Das Flaggschiff von Admiral Lord H. Nelson, die HMS Victory, gebaut 1765,die HMS Warrior, das erste stählerne Kriegsschiff von 1860 und die berühmte Karacke Heinrichs VIII, die 1545 gesunkene HMS Mary Rose wollten von uns erobert werden. Für Unentwegte blieben am folgenden Morgen dann noch die schier endlosen Säle des Royal Naval Museums und das Stadtmuseum Portsmouth.
 
Nachmittags drehten wir die Vegesack mit voller Maschinenkraft, Besanunterstützung und diversen Stoßgebeten in dem engen Hafenbecken und liefen bald danach unter vollen Segeln bei schönstem Sonnenschein in Richtung Dieppe, unserem nächsten Reiseziel. Obwohl der Wind nach einigen Stunden fast einschlief, erreichten wir mit Maschinenunterstützung Dieppe am Sonntag gegen 16:00.
Hunderte von Zuschauern und Anglern beobachteten unser Einlaufen in den weit verzweigenden Hafen und bald darauf saßen unsere Crewmitglieder in den verschiedenen Tavernen entlang des Hafens und genossen 3 Gänge Menüs (die einen) oder unzählige Calvados (die anderen).
Einige nahmen sich die Zeit, dieses seit dem 17. Jahrhundert beliebte Ausflugsziel der Pariser näher zu erkunden.
Hier, wo der Arques Fluß in den englischen Kanal mündet, formt er einen natürlichen und ziemlich tiefen Hafen. Bezogen auf diese Tiefe soll die Stadt ihren Namen vom sächsischen „deop“, oder „deep“ in Englisch, erhalten haben.
Besonders die Strandpromenade am Boulevard de Verdun beeindruckt. Die breiten Rasenflächen zwischen dem Boulevard und dem grobkiesigen Strand, wurde in den 1860ern von Napoleon III und seiner Frau, Eugénie angelegt. Im Vergleich zu den oft schmalen Straßen in europäischen Städten gibt hier der Boulevard mit dem danebenliegenden ausgedehnten Rasen ein freies Gefühl.
 
Bereits um 06:00 verholten wir am nächsten Morgen in den alten Hafen, um Baguette zu „bunkern“. Danach machten wir uns auf, zu unserem 36 Stunden Leg nach Scheveningen. Gleich nach Verlassen des Hafens setzten wir alle verfügbaren Segel. Der westliche Wind und die westliche Strömung schoben uns jedoch unaufhörlich gegen das Kap Gris Nez in der Strasse von Dover. So waren wir gezwungen, ab 14:00 mit Motorunterstützung zu fahren. Der nachlassende Wind veranlasste uns am Abend alle Segel bergen. Gegen 16:00 des folgenden Tages liefen wir bei Sonnenschein in Scheveningen ein. Das elegante Nordseebad ist ein 6 km vom Zentrum entfernter Stadtteil Den Haags.
 
Scheveningen hat sich von einem winzigen Fischerdorf zu einem turbulenten und beliebten Seebad entwickelt. Architektonische Höhepunkte sind die 400 m lange Pier mit Restaurant und Aussichtsturm sowie das Kurhaus. Das erste Kurhaus wurde bereits 1885 eingeweiht. Es war vor allem bei deutschen Gästen beliebt. Inzwischen gibt es das dritte Kurhaus, es steht unter Denkmalschutz, ist allerdings von Apartmenthäusern zugebaut. Auf dem Boulevard und am Strand findet man zahlreiche Terrassencafés und Strandrestaurants.
 
Als wir am nächsten Abend gegen 19:00 ausliefen, lag unsere längste Einzelstrecke vor uns: in ca. 40 Stunden wollten wir mit unserem Schiff Helgoland erreichen.
Bei bestem Wetter, allerdings ohne brauchbaren Wind, genossen wir die folgenden Seewachen.
Am 30.07. war Helgoland in Sicht. Zum Abgewöhnen wollten wir noch einige Schläge segeln und liefen deshalb östlich an Helgoland vorbei. Unter vollen Segeln genossen wir den Anblick der deutschen Hochseeinsel bis 16:00.
Nach dem Festmachen am Ostdamm des Vorhafens wartete die „Bunte Kuh“
auf uns. Erste Resümees der Reise wurden gezogen und das positive Ergebnis verleitete zum Genuss weiterer „Caipirinhas“ Obwohl es sehr spät wurde an dem Abend, machte sich die Crew am nächsten Tag zu den verschiedensten „Expeditionen“ auf. Während einige einfach einen Badetag auf der Dühne genießen wollten, umrundeten andere erst die Insel, um anschließend die Helgoländer Kneipen zu erkunden. Abends ging es noch einmal in die „Bunte Kuh“.  Dank des Verhandlungsgeschicks unseres Proviantmeisters und ausdauerndem  „Schäkerns“ mit der Wirtin, wurde der Restbetrag unserer Bordkasse in eine möglicht große Zahl von Cocktails umgewandelt.
 
Da der nächste Tag wieder mal keine guten Windaussichten offerierte, beschlossen wir, die letzte Etappe nach Cuxhaven unromantisch aber schnell mit Motorkraft zurück zu legen. Nach 09:00 ausgelaufen, machten wir am 1.8. bereits vor 13:30 im alten Fischereihafen in Cuxhaven fest. Nur ungern überließen wir danach unsere Vegesack der Ablösecrew.
 
Insgesamt haben wir 865 sm zurückgelegt und dabei, durch den großen Anteil von Nachtfahrten, das Vergnügen von sieben ausführlichen Hafenaufenthalten  genossen.