MTV Nautilus - kurz und bündig
Segellogger Vegesack BV2 - Tagesmeldungen
 
Informationen über Standort und Reiseverlauf des aktuellen Törns der Vegesack BV2
 


 
 

 

übrigens: Kommentare zu unseren Tagesmeldungen nehmen wir gerne unter info(at)mtv-nautilus.de entgegen

+++ 05.08.2008 +++ 20:36 +++ Warnemünde +++ Törn 2008/24 +++

Position:                Warnemünde
Teilstrecke :          76 sm
Kurs:                      var
Wind:                      WNW 5-6
Luftdruck:             1014 hpa
See:                        1,5 m
Dünung:                1,0 m
Bedeckung.           co 
Temperatur:         19 °C
Wassertemp.       18 °C
Segel-Std              10,3 Stunden
Masch-Std            1,0 Stunden                                       
 
 
Das war ei banges Erwachen heute morgen. Was wird der Wetterbericht melden, werden wir auslaufen können? Nach kurzer Konferenz mit den Kapitänen der Nachbarschiffe stand fest, wir laufen aus und fahren durch nach Warnemünde. Der immer noch starke Wind sollte ab Mittag abnehmen; aber es war immer noch mit Sturmböen zu rechnen. Wir haben den Besan und die Fock gesetzt, Nasszeug angezogen, die Zähne zusammengebissen, und den 3m Wellen getrotzt. Und es war halb so schlimm wie angenommen. Welle und Wind von achtern, und wir flutschten mit zeitweise 8 Knoten dahin. Im Nu war Langeland passiert und Fehmarn bald genauso. Unterwegs mussten wir einmal Wenden und einmal Halsen. Leute, die das perfekt beherrschen nennt man in Fachkreisen Wendehälse, und unter Seeleuten weiß man, dass es sich hier um Kreuzen vor dem Wind handelt. Bei 5-6 Windstärken keine ungefährliche Sache für Schiff und Mannschaft. Das Schiff tauchte immer wieder in ein Wellental ein, um dann bergauf wieder daraus hervorzustoßen. Pechschwarze Wolkengebirge tauchten mal hier mal dort auf, aber wir hatten Glück, und außer den Drückern keinen Regen an Deck. Hinter Fehmarn wurde der Wind sogar weniger, so dass wir vor der Zeit Warnemünde erreichten. Freddy hatte eine in Bombay und eine in Rio, aber unser Eckhard der hat eine in Rostock, na die mit dem lädierten Knie, und die stand am Pier und hat uns willkommen geheißen. Da hat es sich die Reiseleitung nicht nehmen lassen, selbst einen Festmacher an Land zu bringen, und ein wenig spazieren zu tragen. Erst wenige Minuten vorher hat er noch akzentfrei verkündet, Boys and Girls the Fenders please. Tja, das war er nun, unser Törn 24 mit der BV 2 . Die Gefühle der Mannschaft sind naturgemäß gemischt. Schön, dass es jetzt nach Hause geht, schade, dass die Reise zu ende ist. Kein SHERRY mehr um 11 Uhr, kein Dreck mehr unter den Fingernägeln. Aber auch keinen Wind mehr in den Haaren. Nicht das vertraute Knarren von Blöcken, das Gurgeln des vorbei fließenden Wassers an der Bordwand, und der weite und hohe Himmel. Diese Bilder werde ich mitnehmen, im Geist und im Herzen, für meinen Mittagsschlaf, denn das ist der Stoff aus dem die Träume sind. Immer mehr Schiffe laufen jetzt in der abendlichen Stimmung in den Hafen ein und versammeln sich zur Hansesail. Wir werden dann nicht mehr dabei sein. Neue Leute sind dann an Bord, um dieses Happening in Rostock zu feiern. Für uns heißt es morgen noch Packen und klar Schiff, Grundreinigung mit Meister Proper, man hat ja schließlich Personal. Viele Freunde und Sympathisanten der BV 2 haben in den letzten Wochen aufmerksam diese Seite gelesen. Vielen Dank für alle Kommentare und vor allem für alle guten Wünsche. Wenn Sie selber gern mal mitfahren möchten, für eine Woche oder länger, herzlich willkommen. Ich möchte mich nun mit dankbarem Herzen von allen verabschieden        Bernie mac Pipe 

  BV2 Bergauf in hoher Welle                                                                                     Der Alte macht sich die Hände schmutzig

  Eine schöne Reise geht zu ende 

+++ 04.08.2008 +++ Marstal +++ Törn 2008/24 +++

Position:                Marstal
                                     
Es sollte heute ein langer Segeltag werden. Wir haben uns daher zeitig am Frühstückstisch versammelt. Der Wind kachelte gewaltig, und trieb pechschwarze Wolken vor sich her. Unser Kapitän hat den Wetterbericht gehört, und sich anschließend mit den beiden benachbarten Holländern besprochen, mit dem Ergebnis, dass alle drei gesagt haben, bei Windstärke 8 und zu erwartenden Böen bis 10 laufen wir nicht aus. Na, wo bleibt da die Loggerseele. War das nicht gar zu ängstlich eingeschätzt? Und wieso sollte ausgerechnet heute der Wetterbericht stimmen? Nun, ich wurde im laufe des Tages recht einsichtig, und war froh, dass ich nicht da draußen war. Der Himmel riß zwar auf, so dass Strukturen entstanden und sogar die Sonne durchblickte, aber begleitet wurde das ganze immer wieder mit Schauern und den angekündigten Sturmböen. Wir haben uns ins Museum von Marstal begeben und bildhaft wahrgenommen wie man in einem Sturm enden kann. Nein, das wollten wir besser nicht. Der Besuch dieses Heimat- und Schifffahrtmuseums ist absolut lohnenswert. Habe noch nie eine so große und schöne Ausstellung von Schiffsmodellen und hervorragenden Bildern gesehen. Darüber hinaus kann man alles bestaunen, was irgendwie mit alter und neuer Seefahrt zu tun hat. Einige von uns haben auch die wunderschöne Dorfkirche besucht. Unter der Decke hingen nicht nur ein oder zwei Schiffsmodelle, wie üblich, sondern gleich sechs, was davon zeugt, dass Marstal eine große Tradition in der Seefahrt hat. Der eine oder andere hat in der Kirchenbank sitzend sicher die zurückliegenden Segeltage in Gedanken vorbei ziehen lassen und dabei allen Grund gehabt Danke zu sagen. Und angesichts des tosenden Wetters draußen fällt es manchem Seemann leicht die Hände zu falten und um Bewahrung für die Reise zu bitten. Wir haben die Zeit genutzt und das schöne Marstal rauf und runter gelatscht, bis die Füße rund waren. Im Laufe des Tages sind noch andere Großsegler zu uns gestoßen, zwei Dänen und ein weiterer Holländer. Alle wollen zur Hansesail, so dass wir, sollten wir gemeinsam auslaufen, eine echte Armada darstellen. Doch wann wird das sein? Der Wetterbericht sieht leider noch gar nicht gut aus. Also warten wir ab; denn die See liebt keine eiligen Leute. 

  So wollen wir nicht enden                                                        Manchmal hilft beten

  Ganz schön stürmisch
 

+++ 03.08.2008 +++ 19:24 +++ Marstal +++ Törn 2008/24 +++

Position:                Marstal
Teilstrecke :          45 sm
Kurs:                      var
Wind:                      SW 4-5
Luftdruck:             1008 hpa
See:                        0,5 m
Dünung:                0,5 m
Bedeckung.           cp 
Temperatur:         19 °C
Wassertemp.       17 °C
Segel-Std              6,2 Stunden
Masch-Std            3,1 Stunden                                       
 
 
Der Abend gestern in Laboe war noch sehr schön. Am Hafen und an der Promenade waren viele Buden und Stände wo wir noch Souvenirs und Klinkerlitzchen erstehen konnten. Ein super milder Abend mit null Wind, für die Kieler Bucht ungewöhnlich, verschönte uns den Abend und die Nacht. In der Faust ein leckeres Eis, so haben wir mit breitem Schritt die Promenade abgelatscht. Nicht gar so weit, denn Seeleute kriegen schnell runde Füße wie man weiß. Um 10 Uhr ging's dann los zum Pier gegenüber dem Bahnhof Kiel. Vier Leute haben uns hier verlassen. Hubertus unser Segellehrer, Steffan der Dauernieser, Christine die Kieler Sprotte, und Steffen unser Ost-Korrespondent, auch genannt Cherryman. Zum Glück haben wir es geschafft ihn um 5 vor 11 von Bord zu setzen, sonst hätte er wohl auch noch die letzte Flasche geköpft. Abschied nehmen fällt immer schwer......, da waren's nur noch sieben. Mal sehen wie das geht mit Segel setzen und der anderen vielen Arbeit wenn kein Personal mehr an Bord ist.  Es ging recht gut. Hubertus hat uns gut trainiert und Hartmut übernimmt jetzt die Aufgabe des Einpeitschers. Wir haben den ganzen Tag gut gesegelt. Es ist Sonntag, und wir haben viel gebetet, dass die schwarzen Wolken sich nicht über uns entleeren mögen, aber es hat nicht geholfen. Der Glaube war zu klein, der Schauer um so größer. Irgendwie wurde ich sehr müde, und bin in die Koje gekrochen, natürlich nur um Kraft zu schöpfen für die Aufgaben, die noch vor uns lagen. So sind wir dann gegen 19 Uhr in Marstal, Zipfel im Süden der Insel Aero eingelaufen, und haben neben zwei großen Holländern festgemacht. Auf dem Charterschiff neben uns war eine Jugendgruppe, Kathol. Pfadfinder aus München, die uns mit ihrem Gesang zur Gitarre erfreut haben. Es gibt noch Hoffnung im Hinblick auf unsere Jugend. Und wir Alten haben es in der Hand sie zu motivieren. Und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es gerade die Gemeinschaft an Bord eines Schiffes ist, die der Jugend soziales Verhalten, wie Eigenverantwortung, Mitgefühl, Opferbereitschaft, die Fähigkeit sich unterzuordnen, und schlussendlich Nächstenliebe vermittelt. Selbst die alten Knacker müssen immer wieder daran arbeiten. Wir haben in Marstal noch einen Gang durchs Dorf gemacht, und finden, in Dänemark ist es schön.  Alles ist so klein, kuschelig und sauber. Leider schaffen es die Dänen nicht den großen Regen von uns fern zu halten. Wie soll das nur weiter gehen? Wir wollen doch morgen wieder an Deck sitzen und genießen. Mal sehn, was uns morgen erwartet. Das Ziel heißt Osten.   

 Abschied tut weh, Personal ade                                              Gesangsabend bei den Nachbarn

+++ 02.08.2008 +++ 20:18 +++ Laboe +++ Törn 2008/24 +++

Position:                Laboe
Teilstrecke :          53 sm
Kurs:                      var
Wind:                      w'lich 4-5
Luftdruck:             1012 hpa
See:                        1.0 m
Dünung:                0.5 m
Bedeckung.           b/c 
Temperatur:         22 °C
Wassertemp.       16 °C
Segel-Std              6.5 Stunden
Masch-Std            4.1 Stunden                                       
 
 
Heute hat der Tag schön angefangen, er wurde noch schöner, und endete mit einem schönen Abend. An dieser Stelle sei gesagt, daß dies auf diesem Törn mein letzter Abend an Bord ist. ... Dies ist jetzt also der Abschlussbericht von Steffen, dem Bildredakteur, Lektor, Korrespondent und Fenderjäger auf Törn 24.
 
Doch jetzt von Anfang an und der Reihe nach:
Heute hat der Tag schön angefangen. Sonnenschein am Morgen, Ägypten, wie mein hochgeschätzter Redakteurskollege Bernie Mac Pipe es immer so trefflich zu bezeichnen pflegt.
Frische Brötchen Punkt 7:00, Frühstück ab 7:10.
Heute wurde beim Frühstück ein interessantes Thema besprochen oder vielmehr diskutiert: "Wie dosiert man am besten bzw. am richtigsten den Kaffee für die Kaffeemaschine?" Tja, schon nach ca. 10 Minuten war klar, daß es 3 Grundvarianten der Dosierungseinheiten gibt, nämlich Löffel gehäuft, Löffel gestrichen und Löffel gekippt bzw. leicht angehäuft. Von diesen Grundvarianten gibt es allerdings noch Abweichungen und Variationen. 
(Im Zyklus "Die Rolle der Bedeutung der Maßgeblichkeit von Vielfachvarianten"  wird sehr detailliert auf die philosophische Bedeutung einer progressiven Variantenverzweigung eingegangen. Doch soweit wollen wir jetzt nicht abschweifen.)
Letztendlich stellte sich statistisch gesehen heraus, daß es bei 11 Crew-Mitgliedern durchaus 14 Meinungen zum Thema Kaffeedosierung geben kann. Bei dieser lebhaften Diskussion zum Frühstück gab es glücklicherweise keine Verletzten, von leichten Lachkrämpfen mal abgesehen. Überhaupt ist dies sehr bezeichnend für den ganzen Törn mit diesem Schiff und dieser Crew. Hier wurde im wahrsten Sinne des Wortes und bei jedem Wetter oft, und nicht nur heimlich im Keller, gelacht. 
Na ja, irgendwann war das Frühstück beendet, so daß wir auch die Gelegenheit zum Ablegen und Weiterfahren hatten.
Dann ging es endlich weiter mit der Kanalfahrt. Wie im vorigen Tagesbericht meines Kollegen bereits niedergeschrieben wurde, ist so eine Kanal-Fahrt  absolut nicht langweilig. Eine Kanalfahrt kann zwischen all den Scheinbar-Beinah-Kollisionen sogar durchaus als eintönig beschrieben werden.
Irgendwann, genauer steht es im Logbuch, waren wir in Holtenau durchgeschleust. Vor uns lag die Kieler Bucht , über uns war blauer Himmel und um uns herum wehte ein kräftiger Wind aus der richtigen Richtung. Es war traumhaft! Zumindest nachdem wir das Großsegel gesetzt hatten. Insider wissen natürlich, daß einmal Groß-Klaufall eine Woche Fitnessstudio ersetzt. Wir setzten auch noch Großtop , Klüver und Flieger. Das reichte durchaus für die Windverhältnisse, so daß wir noch einen herrlichen Segeltag hatten.
Mehr kann man zu diesem Tag auch wirklich nicht schreiben. Es war einfach ein Segeltag, wie man ihn sich auf jedem Törn wünscht.
 
Abends legten wir in Laboe an. Zum letzten gemeinsamen Abend werden leckere Caipirinhas gemixt. Angeblich steht die Anleitung zur fachgerechten Zubereitung eines Caipirinhas sogar im Bordhandbuch. Ich soll aber nicht schreiben, wer das erzählt hat.
Nun gut, der Worte sind genug geschrieben, nun habe ich Durst.
 
Morgen muss ich leider vorzeitig abreisen. Tschüssing Leute, es hat mir sehr viel Spaß gemacht. 
 

  

 Die Crew  von Törn 24                                                                 Frau am Steuer... 

 Abschlussparty Crew Törn 24: Das Caipirinha-Team

 

+++ 01.08.2008 +++ 23:18 +++ Rendsburg +++ Törn 2008/24 +++

Position:                Kreishafen Rendsburg NOK
Teilstrecke :          93 sm
Kurs:                      var
Wind:                      var 4
Luftdruck:            1012 hpa
See:                        1.0 m
Dünung:                1.0 m
Bedeckung.           op 
Temperatur:         17 °C
Wassertemp.       16 °C
Segel-Std              4,1 Stunden
Masch-Std            12,7 Stunden                                       
 
Wir sagen Helgoland Tschüß. War das eine Nacht! Mit fünf Schiffen lagen wir im Päckchen als der Wind aufbriste. Die Schiffe begannen zu tanzen, die Fender knartschten zwischen den Bordwänden, die Leinen wurden einem Materialtest unterzogen, und einige von uns haben schlecht geschlafen. 
Doch es gibt keine Gnade! Der Kapitän hat befohlen um 6 Uhr auszulaufen, und wir haben ihn dann geweckt, und daran erinnert, was er versprochen hat. Wir lagen ganz innen, so dass es schon komisch aussah als die anderen vier Schiffe im Pulk dem Wind im Hafen trotzten. Die "Victor Jara" ist dann mit uns ausgelaufen, und gemeinsam haben wir Kurs auf Brunsbüttel genommen. 
Kaum waren wir draußen, pennte der Wind ein, so dass die mühsam gesetzten Segel schlagend ihren Dienst aufgaben. Und dann kam der Wetterbericht mit einer Gewitter Ankündigung und Orkanböen. Aha, die Flaute war also die Ruhe vor dem Sturm. Nicht mit uns! Schnell haben wir die Segel geborgen, gut gepackt und gesichert, und sind unter Maschine weitergefahren. Vor uns in der Elbmündung ein Himmel, der einen wahrlich das Fürchten lehren konnte. Schwarz, und über der Kimm gelb abgesetzt. Dabei war es tropisch warm und die Luft war schwer, und die See wie Blei. Es war absolut gruselig. Der neue Wetterbericht schraubte dann die Böenankündigung runter auf 8, und lokalisierte das Geschehen nicht mehr auf die Deutsche Bucht, sondern auf die Elbmündung. Blödmänner, das sahen wir ja selbst. 
Es blieb alles schwarz, aber es passierte nichts. Die ersten schälten sich schon wieder aus dem Nasszeug, als uns querab von Cuxhaven plötzlich eine Böe packte, vielleicht noch mit linden 5 Windstärken, dem dann allerdings brav der Regen folgte, und wir ihm. Denn im Kanal regnete es fleißig weiter, obwohl er eigentlich voll war. Kanalfahrt ist überhaupt nicht langweilig. Hatten wir draußen auf See noch mit Seelöwen, Seepferdchen, Seeschlangen, und anderen Ungeheuern zu tun, waren froh wenn uns nicht die Seekrankheit packte, und auch nicht der Schrecken aller Seeleute, die Seepocken, so ist die Fahrt im Kanal geradezu eine Erholung. Angler sitzen am Ufer und versuchen den Verkehr auf dem Kanal zu behindern. Hier und da sieht man am Ufer ein zartes Reh oder einen Hund beim....,na, Sie wissen schon. Und dann die vielen Radfahrer, die unser schönes Schiff bewundern. Reiher, Enten, Schwäne, ganze Familien begleiten uns auf unserm langen Weg. Und dann die absoluten Höhepunkte, wenn uns dicke Pötte, oder sogar Schleppverbände mit Überbreite entgegen kommen. Das ist alles nicht langweilig, sondern richtig spannend.  
Spät abends haben wir dann Rendsburg erreicht und dort zur Nacht festgemacht. Den Regen haben wir übrigens abgehängt. Ist das nicht schön? Morgen machen wir dann noch die restlichen 20 Km Kanal, und dann geht es in die Kieler Bucht mit einem hoffentlich sonnigen Segeltag. Davon berichtet morgen unser Korrespondent aus dem Deutschen Osten, dem ich an dieser Stelle meinen aufrichtigen Dank aussprechen möchte für seine redaktionelle Unterstützung, insbesondere seine ausgezeichnete Bildredaktion. Wie sage ich immer so richtig: Hauptsache man hat Personal! Taschentücher bereit halten für den morgigen Bericht. 
(Anm. d. Lektors und Bildredakteurs: Wenn man solche Freunde hat...)

"Victor Jara" in rauer See vor Helgoland                                Schleuse Brunsbüttel bei trübem Wetter

romantische Kanalfahrt 
 
 
 

+++ 31.07.2008 +++ Helgoland +++ Törn 2008/24 +++

Position:                Helgoland
                                     
Abenteuer und Vergnügen auf Helgoland.
An erster Stelle zum Thema Vergnügen soll hier der Besuch des Meeresschwimmbades am gestrigen Abend stehen. Grundsätzlich war eine ausführliche Dusche das Hauptziel des Schwimmbadbesuches. Aber warum nur Duschen, wenn man auch Baden kann? Wir ließen uns von den vielfältigen Wasserattraktionen in den Becken gründlichst spülen, umsprudeln, treiben, massieren und, und und.
Anschließend waren wir nicht nur sauber, sondern rein.
Nicht näher beschreiben möchte ich den wohl obligatorischen Besuch der gesamten Crew in der „Bunten Kuh“. Caipirinhas, Whisky und andere Getränke waren in guter Qualität und ausreichender Menge vorhanden und wir sind auch alle wieder heil auf dem Schiff gelandet.
Zu später Stunde lief die „Victor Jara“ ein und machte bei uns längsseits fest. Die „Victor Jara“ war ebenfalls in Brest und Douarnenez. Nun konnten wir erneut Abenteuererzählungen und Getränke austauschen, wie es so unter guten Nachbarn üblich ist.
 
Ein ganz unglaubliches Abenteuer erlebten wir heute. Hier dazu ein Augenzeugenbericht:
Alles begann mit einem ganz normalen Ablegemanöver, um die Vegesack zur Tankstelle zu verlegen. Wir hatten gefrühstückt, die Sonne schien, nichts deutete auf die kommenden abenteuerlichen Begebenheiten hin. Niemand beachtete den achtern positionierten Kugelfender, welcher jedoch in aller Stille eine neue Fluchtstrategie entwickelt hatte. Hierzu muß gesagt werden, daß Fender grundsätzlich versuchen, irgendwie in’s Wasser zu fallen. Aus diesem Grund werden sie immer mit mindestens einer Leine gehalten oder befestigt!
Unser achterlicher Fender schaffte es jedoch, seine Leine in einem kurzen unbeobachteten Augenblick zwischen Pier und Schiff zu zerreiben, knack... und er war frei. So trieben sie denn dahin, die Vegesack in die eine und der Fender in die andere Richtung.
(Im langjährigen Zyklus „Die Intelligenz der unbelebten Materie“ sollen die Beobachtungen ähnlicher Verhaltensweise von völlig verschiedenen Gegenständen bereits beschrieben worden sein. Doch soweit wollen wir jetzt nicht abschweifen.)
Doch er hatte nicht mit der Aufmerksamkeit des erfahrenen Fenderjägers Steffen gerechnet, welcher den Vorgang von der Pier aus beobachtete. Mit einem schnell ausgeliehenen Bootshaken gelang es ihm, den Fender zu verfolgen, zu stellen und in einer Ecke des Vorhafens festzusetzen. Erschöpft duckte sich der verängstigte Fender in die Ecke, unfähig, aus eigener Kraft weiterzutreiben.
Das nun folgende ist schnell erzählt. Mit einer raffinierten Jagdstrategie, gelang es letztendlich den beiden Großfenderjägern Hubertus und Steffen, den Fender nach langem Kampf zu bändigen und wieder einzufangen. Triumphierend wurde der Fender zum Schiff zurückgeschleift. Was für ein Abenteuer!
 
Welche großen Herausforderung kann der Tag nach diesem Erlebnis mit dem Fender noch bringen. Vielleicht unser abendliches Seemannssontags-Festmahl? Nun, wir werden sehen und darüber berichten.
 
  1x Volltanken bitte!                                                                        Jagderfolg
 
  Gute Nachbarschaft

 

+++ 30.07.2008 +++ 15:00 +++ Helgoland +++ Törn 2008/24 +++

Position:                Helgoland
Teilstrecke :          310 sm
Kurs:                       var
Wind:                      var
Luftdruck:            1020 hpa
See:                        0 m
Dünung:                0,5 m
Bedeckung.           b/c 
Temperatur:         24 °C
Wassertemp.       14 °C
Segel-Std              26,3 Stunden
Masch-Std            26,1 Stunden                                       
 
Gedanken in einer Nachtwache.. 
Der Mond ist aufgegangen, die goldnen Sternlein prangen am Himmel hell und klar........Matthias Claudius muss auch schon mal so eine Nacht erlebt haben. Ich habe heute Nacht den Himmel offen gesehen. Nirgendwo sonst bin ich dem Schöpfer näher als auf See, und besonders in solchen Nächten. Sich geborgen wissen, sich fallen lassen können, der eigenen Seele zu begegnen, und das alles in einer Gemeinschaft, die nach zwei Wochen zusammengewachsen ist zu einem Freundeskreis, das ist doch ein Geschenk. Jeder ist und bleibt Individualist, hat seine Eigenheiten und Zicken, wie ich auch, aber dass eines Tages die Kraft da ist, den Anderen auszuhalten ohne dabei selber leiden zu müssen, das ist eine tolle Erfahrung und macht praktizierte Nächstenliebe aus. Heißt es deswegen vielleicht christliche Seefahrt? 
Die BV 2 ist ja mal eine Zeit lang als Therapieschiff für schwer erziehbare Jugendliche für das Rauhe Haus in Hamburg unterwegs gewesen. Nun, ich glaube der Geist von Wichern, dem Begründer dieses Sozialwerkes hat sich irgendwie an Bord gehalten. Er funktioniert immer noch, auch bei schwer erziehbaren Erwachsenen, Gott sei Dank! 
So eine Nacht erfordert allerdings auch die absolute Wachsamkeit aller Wachgänger, besonders wenn es wie auf unserem Kurs durch stark befahrene Verkehrsgebiete geht, und zwischendurch trawlernde Fischer einem das Leben schwer machen. Wenn dann der Rudergänger mal 10° nach rechts und dann wieder 10° nach links eiert, kommt man völlig durcheinander, weil die anderen Schiffe mal vorwärts und mal rückwärts fahren. Nur der Kapitän bleibt ruhig, sitzt in der Muffbude (Navi) und hat alles im Griff. Dabei guckt der die ganze Nacht nur Fernsehen, und zwar ein Programm was ich zu Hause noch nie reingekriegt habe. Da sind Striche, Muster, Zahlen, farbige Flächen und so zu sehen. Und dann macht der Alte auch immer noch mit so einem Zirkel rum, und an der Wand hängt ein Kasten, da kommen lauter Kassenzettel raus, obwohl wir gar nichts verkauft haben. Ich glaube, der hält da unten spiritistische Sitzungen ab. Und zwischendurch zieht er sich Tee rein. Er ist mit Abstand der Fleißigste an Bord. Nachts hält er 12 Stunden Wache, und Tags schläft er 15 Stunden. Wie er das durchhält weiß ich nicht. Obwohl er so ein hohes Tier ist, gehört er auch zur Mannschaft und damit zum Freundeskreis. 
Im Laufe des kommenden Vormittags werden wir Helgoland erreichen, den Fuselfelsen. Alle nur denkbaren Versuchungen warten auf uns. Der geneigte Leser mag genauso gespannt sein, wie wir selber. Bis dann. 
 
    Alles klar an Deck?                                                                Helgoland, wir kommen!

 

+++ 29.07.2008 +++ 20:00 +++ unterwegs nach Helgoland +++ Törn 2008/24 +++

Position:                Nordsee
Teilstrecke :          190 sm
Kurs:                       var
Wind:                      var
Luftdruck:            1016 hpa
See:                        0 m
Dünung:                0,5 m
Bedeckung.           b/c 
Temperatur:         19 °C
Wassertemp.       13 °C
Segel-Std              23,5 Stunden
Masch-Std            12,9 Stunden                                       
 
Wir sind bereits einen Tag, eine Nacht und einen weiteren Tag unterwegs, und fahren in die zweite Nacht, so dass es allerhand zu berichten gibt. Wir hatten den ganzen Tag Sonne an Deck, und natürlich alle Segel gesetzt, die man so braucht um vernünftig Kreuzen zu können. 
Und dann haben wir gekreuzt, treu im Gedenken der Seeleute die dieses Schiff einst beruflich gefahren sind. Das Ergebnis war ganz schön ernüchternd. Nach sechs Stunden, zugestanden bei wenig Wind und Strom gegenan, hatten wir eine Meile nach Norden und 6 Meilen nach Osten gewonnen. Na und, es war ein toller Segeltag. Zur Nacht pennte der Wind dann total ein, so dass wir neben den Segeln den Motor als Stütze bemüht haben. 
In den frühen Abendstunden hatten wir plötzlich Besuch an Deck. Eine Brieftaube hatte sich auf einem Wettkampfsflug offensichtlich verflogen, und war ziemlich ermattet an Deck gelandet. Unser bordeigener Ornithologe meinte, dass das geschwächte Tier wohl aus den Niederlanden käme, weil es ein blau weiß rotes Gefieder trage. Außerdem sei das Tier verheiratet, was man an dem Fußring erkennen könne. Zum Geschlecht des Vogels können wir nichts gesichertes sagen, da keiner bereit war, so tief nachzuschauen. Dieses Tier hat einiges von sich gegeben, aber nicht seinen Namen. Die Taube ist übrigens die ganze Nacht bei uns geblieben, und erst im Laufe des nächsten Vormittags auf und davon geflogen als eine zweite Taube um unser Schiff kreiste und erstere förmlich abgeholt hat. 
Den Grund für die abendliche Zwischenlandung erfuhren wir übrigens noch in der gleichen Nacht. Schon den ganzen Abend wurden wir von drei Seiten mit Wetterleuchten umgeben. Und dann hatten wir kurz nach null Uhr einen Drücker an Bord von der falschen Seite. Es blieb alles heil. Schnell Segel bergen, und wieder ab in die Koje bevor der große Regen kommt. 
Ja, liebe Freunde, der erste große Regen auf dem Törn 24. Die Nacht war dann lau, nach dem Gewitter nahezu windstill, und am Morgen stand unser Entschluss fest, keinen Zwischenstop mehr in den Niederlanden zu machen, sondern durchzufahren nach Helgoland. Wir wurden wieder mit Ägypten-Wetter belohnt und segelfähigem Wind mehr so von hinten. Also haben wir alle Segel gesetzt, die so möglich waren, sogar das "Stinkesegel". Für die Segelinteressierten sei angemerkt, dass es sich bei diesem Segel um eine Spezies handelt, die meistens an Deck liegt und nicht benutzt wird. Kein Wunder, dass das Segel irgendwann stinkig wird, und das riecht man. (Anm. d. Lektors: In Fachkreisen wird das Segel auch Besanstagsegel genannt).
Einen Höhepunkt gab es heute aber doch noch. Plötzlich wurden wir von einem Sturmboot holländischer Herkunft umzingelt, die uns einen Besuch abstatten wollten. Sie waren bis an die Zähne bewaffnet, und solche Schränke, dass sie ohne weiteres in einem 007 Film hätten mitspielen können. Unser Kapitän hätte sie ruhig fragen sollen, ob sie nicht beim Segelsetzen helfen wollen, dann hätten sie auch gleich gewusst, warum die BV 2  ein Traditionsschiff ist. Die haben nicht mal Blumen mitgebracht. Dabei haben die doch in Holland so viel davon. Nun, ich habe wenigstens Höflichkeit bewiesen und ihre Königin grüßen lassen. Ich hab jetzt Nachtwache. Tschüß 
 
Der Taubenflüsterer                                                           Segeln ist schön                        Speedsailing

+++ 27.07.2008 +++ 16:12 +++ Oostende +++ Törn 2008/24 +++

Position:                Oostende
Teilstrecke :          71 sm
Kurs:                      var
Wind:                    Stille
Luftdruck:            1018 hpa
See:                        0 m
Dünung:                0,5 m
Bedeckung.           
Temperatur:          26 °C
Wassertemp.        19 °C
Segel-Std               2,0 Stunden
Masch-Std             8,9 Stunden                                       
 
 
Heute morgen hieß es um 4 Uhr Auslaufen. Die drei Schiffe neben uns meinten zwar, dass wäre viel zu früh, aber wir wollten den nicht unerheblichen Strom ausnutzen. Die Entscheidung war wie immer richtig; denn was uns draußen erwartete war wieder einmal totale Flaute, allerdings aus der richtigen Richtung. War es anfangs noch diesig, so wurde es im Laufe des Vormittags schon wieder ein totaler Sonnentag. Bin ich froh, dass die Wetterberichte nicht stimmen, waren doch Gewitter und Schauerböen vorausgesagt. 
Unser heutiges Ziel war Oostende, letzter Belgischer Hafen, bevor die Niederlande anfangen. Hier soll unser Freund Eckhard wieder an Bord kommen, den wir in den Abendstunden erwarten. 
Wir nutzen also die gewonnene Zeit und werfen vor dem Badestrand Oostende Anker, setzen das Gummiboot aus, und gingen Schwimmen. Bei 19° Wassertemperatur für den einen oder anderen ein wahres Vergnügen. Aber die Strömung hatte es in sich. Da musste ganz schön gestrampelt werden, um zurück zur Badeleiter zu gelangen. Hauptsache wir haben Hartmut wieder an Bord, damit das nächste Festessen gesichert ist. 
Irgendwie kamen wir uns an unserem Ankerplatz vor wie eine Regattatonne. Sämtliche Schiffe, und das waren viele, fuhren um uns herum, um zu gucken, und zu fotografieren. Das war insofern lästig, als wir Männer nicht unseren gewohnten Abtritt benutzen konnten. 
Später hieß es dann wieder Anker auf, und Einfahrt in den Hafen. Es wäre so schön gewesen rechts in den Yachthafen zu dürfen, aber nein, wir mussten Schleusen und in den Fischereihafen. Man kann es mit der Tradition auch übertreiben, vor allem die anderen. Wir liegen hier an einer Pier mit ausgedienten Hallen, ausrangierten rostigen Fischdampfern, ohne Strom und Wasser, und wenn man so auf die Pier schaut, erwartet man eigentlich in Augenhöhe einige Exemplare dieser possierlichen Großnagetiere, die angeblich Japanern das Wasser im Mund zusammen laufen lassen. Ich finde die Belgier sollten den Soli einführen für ihre Ostgebiete, das bringt garantiert was. 
(Anm. d. Bildredakteurs: Bei Abendlicht betrachtet macht unser Liegeplatz einen romantisch-morbiden Eindruck. Bei Tageslicht fehlt die Romantik.)
 
    Badespaß                                                                                unser Liegeplatz im Abendlicht
 
 
 

+++ 26.07.2008 +++ 07:48 +++ Boulogne +++ Törn 2008/24 +++

Position:                Boulogne sur Mer
Teilstrecke :          159  sm
Kurs:                      var
Wind:                      Stille 
Luftdruck:             1013 hpa
See:                        0 m
Dünung:                0,5 m
Bedeckung.           b/c 
Temperatur:          22 °C
Wassertemp.        16 °C
Segel-Std               2 Stunden
Masch-Std             23,8  Stunden                                       
 
 
nach auslaufen cherbourg erfolgte die grosse stille. stille die das ganze boot erfasste. hört sich pathetisch an, geht aber ganz einfach: windstille, hochsommerliche temperaturen, angenehmer fahrtwind, hervorgekramte bücher und angenehme müdigkeit nach hartmuts kohleintopf. dösen bis zum sonnenuntergang. Photosession mit den hauptdarstellern sonne und meer war angesagt...
nach einem nicht minder kitschigen sonnenaufgang zurück zur wirklichkeit: in frankreichs grösstem fischerreihafen fand sich das boot inmitten stinkender fischefänger längsseite. eigentlich passend wie der kaptän trocken bemerkte - hubertus aber war gar nicht einverstanden, bezauberte im besten, gut gebügelten zwirn frau hafenmeisterin persönlich und schon gabs den galaplatz. c'est la vie.
 
was war noch: allgemeine entäuschung über die trostlose ortschaft. (kpt. stand kurz vor einer steinigung). ganz anders frau marquarts  unerschütterlicher optimismus: da ist ein kirche - da gehen wir jetzt hin. ein marathon mit steilpässen (anmerkung des kpts.) folgte. hinter den festungsmauern der kirche befand sich ein kleines dorf mit einem gemüsegarten, strassenrestaurants, schrägen wohnhäusern und sehr quirligen leben. beindruckend. ebenfalls beeindruckend der weg zurück. fatalerweise keine taxis. halb so schlimm, es ging bergab ins lebendige downtown mit alles viel: autos, hochzeitsgehupe, kreischenden mopeds, kleinen läden und richtig vielen menschen.
ach ja: hartmuts seezungen schmecken lecker und der schipper will in den flur. viva la france.
 
 
 
  Windstille                                                                          Frischfisch und Baguette           Burgfräulein (plural)
 

+++ 24.07.2008 +++ 19:42 +++ Cherbourg +++ Törn 2008/24 +++

Position:                Cherbourg
Teilstrecke :          51 sm
Kurs:                      var
Wind:                      ESE-NE 3-5 
Luftdruck:             1013 hpa
See:                        1,0 m
Dünung:                1,5 m
Bedeckung.           b/c 
Temperatur:          22°C
Wassertemp.        17°C
Segel-Std               5 Stunden
Masch-Std             9 Stunden                                       
 
Um 7 Uhr  heißt es, Anker auf. Der Himmel sieht so aus, als wenn er sich noch nicht entschieden hätte, welches Wetter eigentlich werden soll. 
So ein Traditionsanker ist ja wirklich bestaunenswert. Im Schifffahrtsmuseum finde ich das auch toll. Denn da kann man ehrfurchtsvoll den Hut ziehen vor den taffen Seeleuten, die mit so einem Monstrum hantieren müssen. Heute morgen hatte sich der Anker eingebuddelt, und die Kupplung wollte auch nicht so recht. Also ziehe ich mal den Hut in eigener Sache. 
Das Wetter blieb gut, mehr noch. Kein Regen, reichlich Sonne, und Winde, die bei mehrfachen Drehungen gutes Segeln ermöglichten. Da muss man eben schnell reagieren, wenden, halsen, Segel setzen und wieder bergen. Jeder Knoten zählt, wenn man im Kanal teilweise 3-4 Knoten Strom gegenan hat. Morgen werden wir das noch deutlicher zu spüren bekommen. 
Heute hätten wir beinahe eine Seebestattung gehabt. Da hat sich doch so ein haariges Wesen auf unser Schiff verirrt, ist völlig kopflos im Stützsegel hängen geblieben, herabgestürzt, und vor der Zapfanlage liegen geblieben. Angewidert hat sich das Tierchen vom Bierhahn abgewandt, und mit leisem Brummen angezeigt, dass es gerne von Bord wolle. Nun, man ist ja kein Unmensch. Wir haben also die Hummel in eine Schachtel getan und ausgesetzt. Auch der Seemann ist verpflichtet täglich eine gute Tat zu verrichten. 
Jetzt liegen wir im Fährhafen von Cherbourg, und sind soeben wieder aufopferungsvoll von unserer Bordmutti Hartmut versorgt worden. Es ist ein Glücksgriff, einen Spitzenkoch an Bord zu haben. Augenschmunzelnd hat Hartmut mir gestanden, dass er sich gerne eines Kochbuches von Inge und Hansi bedient. Wenn ich bedenke, dass ich auch schon Hilde wegen meiner Ernährungsstörung verklagen will, denke ich jetzt an eine Sammelklage. Leider wird man mir wohl eine erhebliche Teilschuld anlasten, und das ist natürlich gerechtfertigt. Ich muss Schluss machen, es gibt nach dem Diner noch einen Espresso á la Hubertus auf dem Poopdeck. Tschüß.  
 
(Anm. d. Bildredakteurs: Da Essen ja auch irgendwie Arbeit ist, befinden wir uns quasi auf einem Arbeitsschiff. Da wir eigentlich Urlaub gebucht haben, stimme ich einer Sammelklage gegen die "Vegesatt" zu)
So, hier jetzt die tagaktuellen Bilder:
 
  
  uns' Peter, immer und überall aktiv                                Segeln, was sonst!                                                            unsere "Bordmutti" bei der
                                                                                                                                                                                            Nahrungszuteilung.

+++ 22.07.2008 +++ 20:18 +++ St. Peter Port +++ Törn 2008/24 +++

Position:                St. Peter Port
Teilstrecke :          53 sm
Kurs:                      22°
Wind:                      W-NNW 2 
Luftdruck:             1027 hpa
See:                        0,5 m
Dünung:                1,0 m
Bedeckung.           
Temperatur:          20°C
Wassertemp.        16°C
Segel-Std               3,5 Stunden
Masch-Std             7,3 Stunden                                       
 
Als ich heute Morgen 7 Uhr aufgestanden bin, und den Niedergang nach oben sah, habe ich geglaubt ich spinne. Strahlend blauer Himmel, nicht einmal Tau an Deck, es verspricht ein heißer Tag zu werden, Ägypten. 
Nun, diese Wetterbeschreibung soll unseren Lieben daheim, so wie dem geneigten Leser Trost zusprechen, weiß ich doch, dass mein Keller zu Hause auch schon abgesoffen ist.  
Wir sind natürlich wieder viel zu früh aufgestanden. Zugestanden, so einen schönen Morgen zu verpennen ist eine Schande, aber es gibt immer wieder Leute an Bord, welche unter seniler Bettflucht leiden. So waren wir 1 Stunde vor Auslaufen fertig mit allem was so anfällt. 
Dann öffneten sich die Schleusentore und wir konnten den gastlichen Hafen Paimpol um 9 Uhr 30 wieder verlassen. Vor uns lag zwar nicht der blaue Nil, aber die blaue See. Zuerst ohne Wind, ohne Welle, später jedoch briste es etwas auf, so dass wir Segeln konnten. Sieht sie nicht gut aus, unsere BV 2 , mit den neuen Segeln? 
Wo wir bei gutem Aussehen sind, muss einmal erwähnt werden, dass in dieser Männergesellschaft an Bord auffällt, dass da noch zwei andere Menschen sind. Sie sind nicht nur schön anzusehen, sondern packen auch tüchtig mit an, wenn man sie regelmäßig füttert. Gut, dass es euch gibt, dass ihr nicht rumzickt, dass man sich so gut mit euch unterhalten kann, und dass wir so viel Spaß miteinander teilen können.  
Der weitere Tag verlief unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit einfachem Rumliegen an Deck, nur unterbrochen durch zeitweiliges Zupfen an den Segeln. Dabei ist festzustellen, dass es immer mehr Fachleute an Deck gibt, als nötig wären, um hier und da was auszuprobieren. Auf keinen Rat, und sei er noch so blödsinnig, ist hierbei zu verzichten. Ich bin der Einzige der weiß, dass ich Recht habe. Schade, dass die anderen das nicht merken. 
Die allgemeine Nahrungsaufnahme über den Tag entsprach nicht der durch Arbeit geforderten Kalorienaufnahme. So blieb uns nur Ermattung in Form von Freßnarkose. 
Kurz vor Erreichen von Guernsey haben wir in Bestzeit alle Segel geborgen und gepackt. Die Handgriffe sitzen schon viel besser. Alles läuft ab ohne Stress und Gebrüll, was wirklich angenehm ist, und der Philosophie unseres Kapitäns entspricht. 
Im Haven von Guernsey will man uns nicht haben. Eine besondere Form von Gastlichkeit. Wir ankern in der Havelet Bay vor St. Peter Port, was leider mit Nachtwache verbunden ist. Was soll's, die Nacht ist so schön, dass es ein Jammer wäre, sie allein im Bett zu verbringen. Mond und Sterne leuchten nicht nur am Firmament, sondern auch auf dem Spiegel der Bucht. Rote und grüne Tonnen tanzen rund ums Schiff, Delphine schubbern sich den Rücken an der Ankerkette, zwei Seehunde kuscheln im Gummiboot unterm Heck, und der Albatros, den ich an Deck füttere, will noch eine Schüssel Müsli haben. Er kriegt nichts mehr, und ich auch keinen Sherry. 
 
Morgen erwartet uns das große Abenteuer. Eine Inselrundfahrt, Geldeintauschen, Fahrkarte kaufen, Busfahren, wir wollen gespannt sein auf den nächsten Bericht.     
 
Endlich wieder unter Segeln                                                    Es geht doch nichts über zufriedene Segler(innen)
 
Der neue Tag begann, wie der gestrige endete, mit strahlendem Sonnenschein. Es tut uns ja wirklich leid, dass ihr zu Hause immer noch schlechtes Wetter habt. 
Wir haben den Landtag genutzt und eine komplette Inselrundfahrt mit der Buslinie 7 gemacht, für lächerliche 60 Cent/Person. Dabei gibt es hier auf Guernsey die tolle Einrichtung, jederzeit die Fahrt zu unterbrechen, um sie dann einfach für 60 Cent erneut mit dem nächsten Bus fortzusetzen. 
Die Strassen sind recht schmal, und der Linksverkehr kann einen ganz schön kirre machen. Die Insel ist wunderschön grün. Gestaunt haben wir über die Höhe. Der Bus windet sich die Serpentinen hinauf durch entzückende Dörfer mit Gärten, die einfach zauberhaft sind. Eine Blütenpracht, wie ich sie hier nicht vermutet hätte. In vielen Gärten wachsen große Agaven, sogar Feigen-, und Olivenbäume. 
An der Küste trafen wir auf kleine und große Badebuchten mit Sandstrand, immer wieder gesäumt und unterbrochen durch bizarre Felsformationen. Eine total andere Inselstruktur als wir sie an unserer friesischen Küste vorgelagert finden. 
Überall an der Küste findet man übrigens noch Bunkeranlagen. Zeitzeugen aus dem Weltkrieg, die von der Wehrmacht errichtet wurden. 
Durch die eingetretene Ebbe war ein breiter Strand sichtbar geworden, der zum Muschelsammeln einlud. Ich habe auch eine Anzahl typischer Guernseymuscheln gefunden, für die ich zu Hause sicher Abnehmer finde. 
Die Helden des Tages sind allerdings Hubertus und Hartmut. Sie sind während unseres Landausfluges mit Thomas an Bord geblieben, und haben es gewagt, bei gemessenen 15 Grad Wassertemperatur, einige Runden schwimmend ums Schiff zu kreisen. Ich habe große Hochachtung vor so viel Ignoranz des kalten Wassers. Ihnen hat es jedoch viel Spaß gemacht. 
 
Morgen soll es gegen 7 Uhr "Anker auf" heißen. Das Barometer fällt beständig. Da es aber kein eindeutiges Frontengeschehen gibt, hoffen wir noch einmal auf gutes Wetter und einen segelfähigen Wind. Wir werden wohl einige Tage durchfahren müssen, so dass ich nicht weiß, wann ich wieder zum Schreiben komme. Also bis dann, Euer Bernie mac Pipe.
 
 

Die Landgangscrew der Vegesack                                          Ankerplatz in der Havelet Bay: 
                                                                                                        Landgang nur mit Hartmut's Wassertaxi-Service

+++ 20.07.2008 +++ 20:30 +++ Paimpol +++ Törn 2008/24 +++

Position:                Paimpol
Teilstrecke :          155 sm
Kurs:                      var
Wind:                      W-NW 2-5 
Luftdruck:             1022 hpa
See:                        1-2 m
Dünung:                1-2 m
Bedeckung.           b/c 
Temperatur:          18°C
Wassertemp.        16°C
Segel-Std               25 Stunden + 4 Stunden am Anker
Masch-Std             5 Stunden                                       
 
Douarnenez 8 Uhr Auslaufen. Wir haben vor da draußen irgendwo zu ankern, und Segelsetzen zu üben. Da der Wind wieder von vorn kommt, und wir die Strömung nutzen wollen, um bis zur nächsten Ecke zu kommen, weil wir von da an garantiert Segeln können, laufen wir erst einmal unter Maschine. Mit uns läuft die "Victor Jara", deren Skipper ebenso entscheidet. Er will allerdings nach Guernsey , so dass er sich im spitzen Winkel von uns entfernt. 
An Deck Sonne. Wir setzen Segel. Aufgrund der theoretischen Einarbeitung mit Hubertus klappte es aus meiner Beurteilung alles ganz gut. Nur der Kapitän war nicht ganz zu Frieden. Leider war dies erste Segelsetzen von einem traurigen Umstand begleitet. Unsere Connie hat sich dabei den Meniskus verletzt. Sie beißt zwar die Zähne zusammen, aber das hat ja keinen Sinn. Fußballer müssen mit so einer Verletzung vom Platz. Sie sollte wohl besser ärztlichen Rat einholen. 
Es geht in die Nacht, ohne Regen, mit kleiner Welle, aber leider auch schwachen Winden. Doch wir bleiben standhaft und Segeln. Der riesige Mond leuchtet so hell, dass man keine Kompassbeleuchtung bräuchte. Und so ein Meer von Sternen kann man nur auf dem Wasser bewundern. Da ist man so fasziniert, dass man gar nicht zu Bett gehen mag. Hubertus hat noch referiert: von astronomischer Dämmerung und Bürgerlicher Dämmerung. Und ich habe die Vermutung, dass die Bürgerliche Dämmerung etwas mit der Säufersonne zu tun hat. Und dann entstand Morgenröte, ganz langsam am Horizont. Etwas Tau senkte sich an Deck, machte aber keine Regenhose nötig. Und dann wühlte sich die Sonne durch den Wolkenkranz am Horizont. Ein neuer Tag war geboren, ein Sonntag. 
Vor uns liegt der Hafen Paimpol, der uns wegen mangelnder Wasserhöhe im Hafen so viel Kopfzerbrechen bereitet hat. Nun, die Vormittagsschleusung haben wir verpasst. Wir ankern in einer schönen Bucht vor Paimpol und gehen mit der Abendschleusung hinein. Nicht zu fassen, das Wasser ist einen glatten Meter höher als vor einer Woche. 
Eckhard bringt seine Connie noch am gleichen Abend ins Krankenhaus. Die Untersuchung dort bestätigt unsere Befürchtungen. Es ist der Meniskus, und Ruhiglagern angesagt. Der Arzt rät daher dringend, die Reise abzubrechen. Also gehen die Beiden von Bord und fahren mit dem Zug morgen nach Hause. Wir alle bedauern Connies Verlassen des Schiffes sehr. Wir haben nicht nur sie geschätzt, sondern auch ihre schmackhaften Salatkreationen. Angenehmen Heimweg und gute Besserung!
 
Mit der ersten Tide am 21.07. ist das Auslaufen mit Ziel Guernsey geplant. Wie wird das Wetter? Was wird uns erwarten?
Sorry, wir laufen am 22.07. aus. Danke für die Hinweise aus unserer wachsenden Fangemeinde.

Zufriedene Freiwache                                                                Lasst uns in die Sonne fahren: Hafeneinfahrt Paimpol 

+++ 18.07.2008 +++ Douarnenez +++ Törn 2008/24 +++

Position:                Douarnenez
Teilstrecke :          ca. 3,6 sm mit dem Dinghi
Kurs:                      wo was los ist
Wind:                      leichtes Lüftchen 
Luftdruck:             1016 hpa
See:                        0,0 m
Dünung:                0,0 m
Bedeckung.           mal so, aber auch mal anders
Temperatur:          18..23°C
Wassertemp.        17°C
Segel-Std               0 Stunden
Masch-Std             0 Stunden

Dort drüben liegt die "Krusenstern" in der untergehenden Sonne. Der erste Tag der neuen Crew ist ein Hafentag. 
Wir sind mit der Gummisau im Pendelverkehr unterwegs, weil wir an Morings liegen. Rainer macht das wirklich toll. Er ist ein verlässlicher Fährmann. 
Am Vormittag hatten wir eine umfangreiche Einführung durch Hubertus in die Sicherheitsmittel des Schiffes. Danach die erste Führung über Deck, mit Erklärungen zu Segeln, Fallen, Niederholern, Strops, (nicht Strips) Flieger, Klüver, Fock, Grossegel mit Klau und Pik, Luv und Lee, und dem Hinweis, dass man aufpassen muss, sich nicht die Finger zu verletzen. Bin ich froh, dass man im Sitzen auf dem Klo den Gebrauch der Rettungsinsel in Ruhe studieren kann. 
Gegen Abend wurde das erste große Abendessen bereitet. Kartoffelpuffer mit Lachs und Apfelmus, dazu einen leckeren Salat. Wer keinen Sinn hat für "la quisine fatale" sollte hier nicht buchen. Es kündigt sich schon wieder hartes Seemannsleben an. Niemand in der Heimat wird mir meinen Bauch als Hungerödem abnehmen. 
Zur Zeit sind alle Leute noch einmal an Land und genießen das Festival. Bretonische Musik auf zig Bühnen. Stimmung pur. 

Morgen werden wir die Ruhe der weiten See genießen. Morgen werden wir unsere Reise antreten, die Rückreise unseres Schiffes in heimische Gewässer. Ab Morgen wird es Ernst, oder? 

Ruhe im Hafen                                                                            Leidenschaft an der Kartoffelreibe

 

+++ 17.07.2008 +++ 17:20 +++ Douarnenez +++ Törn 2008/24 +++

Position:                Douarnenez
Teilstrecke :          27 sm
Kurs:                      var
Wind:                      WNW 3 
Luftdruck:             1019 hpa
See:                        0,0 m
Dünung:                WSW 0,5 m
Bedeckung.           1/8 
Temperatur:          23°C
Wassertemp.        17°C
Segel-Std               6 Stunden
Masch-Std             1 Stunden

Der letzte Tag ist ein ziemlich chaotischer Tag. die alte Crew ist noch an Bord und die Neue auch schon. Dazu kommen noch neun Gäste, die sich allerdings als echter Glücksgriff erwiesen. 
Wir laufen gegen 9 Uhr aus von Brest nach Douarnenez. Der Wind ist eher schwach, was für die anstehende Parade nur gut ist. So setzen wir alles was wir haben, und fahren begleitet von tausenden von Schiffen in Richtung Douarnenez. So etwas habe ich noch nicht erlebt. Eine derartige Ansammlung von alten maritimen Kostbarkeiten, Schiffe, die sonst Bildbände füllen und das zum Greifen nahe, und wir dabei. 
In meinem letzten Bericht habe ich noch darauf hingewiesen, dass es Usus ist sich auf dieser Parade mit Wasserbomben zu beschießen. Nun, man ist ja eigentlich von Geburt an zurückhaltend mit solchen Aggressionen, aber wenn doch die anderen so sehr nahe kommen, und das ist bei einer Parade ja kaum zu vermeiden, dann packt einen die Lust, dem Aggressor eine Wasserbombe ins Segel zu knallen. War es im Anfang noch die eigene Mannschaft, die sich am Katapult betätigte, so änderte sich das sehr schnell. Unsere französischen Gäste fanden spontan nicht nur Gefallen, sondern entwickelten eine wahre Leidenschaft beim Beschuss von allem was schwamm. Der mit der Baskenmütze hat die besten Treffer gelandet. Vive la France. Wer hätte je geglaubt, dass die Fremdenlegion einmal an Bord der Vegesack aktiv würde, und sogar dafür bezahlt. 
Wir haben für 31 Leute Erbsensuppe gekocht, Tee, Kaffee und Bier ausgeschenkt, und einen tollen Tag zusammen verbracht. 

Das Abschiednehmen am Ende dieser Reise hat so seinen eigenen Charakter. Alle gehen, ich bleibe zurück, weil ich auch den Rücktörn mitmache. Welche neuen Leute erwarten mich? Werden wir uns verstehen? Wie ist der neue Kapitän? Welche Abenteuer liegen vor uns? Fortsetzung folgt.

Zahlungsfähige Gäste mit Chorgeist                                     Kanonier bei der Arbeit

 

Das war ein schöner Segeltag 


 Maritime Tradition Vegesack Nautilus e.V. - Postfach 750615 - 28726 Bremen - Telefon:0421-9586786 - E-Mail: info@mtv-nautilus.de